Boston Marathon 2017
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Autor und Copyright: Herbert Steffny
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Fünffache Mutter Edna Kiplagat gewinnt in Boston
Überraschungssieg durch Geoffrey Kirui vor Galen Rupp

(17.4.2017 von Herbert Steffny aus Boston)

Wellesley College Boston Marathon Kiss me
Wo gibt es sowas? Beim "Scream Tunnel" vor dem Welleslay College bei Kilometer 20 ist Küssen erlaubt! (Foto, Copyright Herbert Steffny)


Am äthiopischen Tag in Boston feierte Hayle Lemi Berhanu seinen bisher größten Erfolg.




Die für LG Braunschweig und bisher für Äthiopien startende Fate Tola wurde Achte. Sie könnte bald Startrecht für Deutschland bekommen.
(Foto Copyright: Herbert Steffny)

Beim Boston Marathon gab es Überraschungssieger. Dominierte im letzten Jahr noch Äthiopien im Ziel in der Boylston Street, so gelang 2017 den Kenianern Geoffrey Kirui und Edna Kiplagat bei ihrem ersten Auftreten in Boston ein Doppelsieg für das ostafrikanische Nachbarland. Bei den Männern endete damit eine fünfjährige Flaute.



Nachdem bei Halbmarathon in 64:35 Minuten noch eine rund 10-köpfige Gruppe zusammenlief (Foto bei km 26 in den Newton Hills), kam es auf den letzten fünf Kilometern bei überwiegend Rückenwind, aber etwas zu warmen Temperaturen um 20 Grad bei starker Sonneneinstrahlung zum finalen Duell zweier früherer Bahnspezialisten. Am legendären Heartbreak Hill war nur noch das Duett Geoffrey Kirui, ein 26:55 Minuten Läufer und der US-Amerikaner Galen Rupp Olympia 10.000 Meter Silber 2012 und Marathon Bronzemedaillen Gewinner 2016 übrig geblieben. Der 24-jährige Kenianer konnte durch einen heftigen Antritt aber nach Kilometer 35 seinen letzten verbliebenen Widersacher distanzieren und einem noch klaren Sieg in 2:09:37 Stunden entgegenlaufen. Damit war der von Renato Canova in Iten trainierte neue Marathonstar bei seinem ersten Marathonsieg auch um 150.000 Dollar reicher. Der Abschnitt von 35 auf 40 Kilometer dauerte für ihn nur 14:34 Minuten. Es sei angemerkt, dass ihm 2012 ein Lastwagen in Kenia über den Fuß fuhr und die Ärzte damals prophezeiten, dass er nie mehr laufen könnte. Nun, so können sich Ärzte irren....

Galen Rupp drückte zur Freude des heimischen Publikums dahinter seinen Hausrekord um sieben Sekunden mit 2:09:58 Stunden unter die magischen 2:10er Grenze. Sein Start war im Vorfeld wegen Verletzungssorgen sogar fraglich. Den dritten Platz sicherte sich beim Debüt sein gelegentlicher Trainingspartner und ebenfalls vom umstrittenen Nike Oregon Projekt Trainer Alberto Salazar betreute Japaner Suguru Osako in 2:10:28 Stunden. Dieser hat als japanischer 5.000 Meter Rekordler in 13:08 Minuten nun offenbar seine Distanz gefunden. Der bereits 40-jährige US-Amerikaner Abdi Abdirahman sicherte sich den mit 10.000 Dollar dotierten Masterssieg in guten 2:12:45 Stunden als Sechster. Nach den frühzeitigen Absagen der kenianischen Stars Dennis Kimetto und Patrick Makau entäuschte u.a. auch der 2:03:13 Stunden Läufer Emmanuel Mutai, der nur auf den 18. Rang in 2:19:33 Stunden kam. Der äthiopische Titelverteidiger Lemi Berhanu Hayle stieg aus.





Frauenrennen mit sehr verhaltenem Beginn

Zu den Favoritinnen gehörten Olympiasiegerin 2012 Tiki Gelana, die allerdings durch private Schicksalsschläge, Tod der Mutter, nicht ganz in Form war, die Berlin Siegerin Tirfi Tsegaye, Titelverteidigerin Caroline Rotich und die zweifache New York Marathon Siegerin Jelena Prokopchuka aus Litauen. Die erste bergab führende Passage bummelten die rund 50 Eliteathletinnen zum Warmlaufen recht gemütlich hinunter. Nach 1.000 Metern zeigte die Stopuhr nur 3:42 Minuten. Erst nach zwei Kilometern übernahm Joyce Chepkirui mit Mamitu Daska und im Gefolge Buzunesh Deba die Initiative. Schon früh deutete sich ein taktisches Rennen mit schnellem Ende an. Bei Kilometer fünf in 18:22 Minuten bummelte frau nur in Richtung 2:34 Stunden. Mitfavoritin Caroline Rotich stieg bei acht Kilometern bereits aus. 16 Läuferinnen passierten 10 Kilometer in 36:20 Minuten, was kaum schneller war. Darunter auch die Äthiopierin Fate Tola, die für LG Braunschweig startet und eventuell bald einen deutschen Pass bekommt. Jelena Prokopchuka konnte wegen eines Schuhverlustes bald nicht mehr mithalten und nun war es um die weißen Läuferinnen in der Spitzengruppe geschehen. Bei 15 Kilometern zeigte die Uhr 53:59 Minuten, das Tempo beschleunigte sich ein wenig auf 2:31 Stunden.


Vierkampf, Dreikampf, Zweikampf... 

Bei 17 Kilometern machte die 23-jährige Valentine Kipketer aus Kenia einen ersten Test, was das Tempo ein wenig forcierte. Nun kam etwas Bewegung ins Feld. Halbmarathon wurde von einer 10-köpfigen Gruppe hinter dem ohrenbetäubenden Geschrei des Mädchen Colleges in Wellesley in 1:15:33 Stunden passiert. Valentine Kipketer drückte weiter auf die Tube. Im Städtchen Newton Hills fiel die bisher äthiopisch dominierte Gruppe auseinander und bei 25 Kilometern (1:29:12 Stunden) war nur noch ein Quartett mit Valentine Kipketer, Tirfi Tsegaye, Joyce Chepchirchir und Fiomena Cheyech, also drei Kenianerinnen und eine Äthiopierin übrig. Bei 30 Kilometern  (1:46:32 Stunden) fiel Fiomena Cheyech Daniel als nächste zurück. Nun waren die Damen bereits auf einem 2:29er Tempo. Als nächste bekam Kipketer am 500 Meter langen Heartbreak Hill Probleme. Tirfi Tsegay und Joyce Chepkirui, Siegerin des Honolulu Marathons 2015 aus Iten im Hochland von Kenia setzten sich leicht ab.


...und Überraschungssiegerin

Doch Kipketer konnte nach dem Anstieg den Anschluss wieder herstellen und ganz keck gleich wieder die Führung übernehmen. Zwei Kilometer später fiel Kipketer allerdings erneut zurück. Diesmal war es um sie geschehen. 35 Kilometer in 2:04:29 Stunden, nur 2:30er Tempo, was für diese Läuferinnen noch nicht alles sein konnte. Sechs Kilometer vor dem Ziel gab es nun einen Zweikampf, wobei Tirfi Tsegaye vorzeitig versuchte die Entscheidung herbei zu führen. Sie schaute sich immer wieder um, wobei von hinten scheinbar nicht wirklich Gefahr drohte. Aber nicht zu Unrecht wie sich zeigen sollte, denn aus der Tiefe kam doch noch ein gelbes Trikot herangeflogen. Die Äthiopierin Atsede Baysa, die bei 30 Kilometern schon 37 Sekunden zurück gelegen hatte, pirschte sich wieder heran und Tsegaye beantwortete die Gefahr mit einer Tempoverschärfung, die die Kenianerin Chepkirui abschüttelte. Statt Kenia gegen Äthiopien plötzlich drei Kilometer vor dem Ziel ein Äthiopien-Duo. Baysa zog aber gleich durch und Favoritin Tsegaye konnte erstaunlicherweise nicht mithalten. Schnell hatte die Außenseiterin 15 Meter Vorsprung. Bei 40 Kilometern (2:21:49 Stunden) war der Vorsprung schon 40 Meter. Das Rennen schien eigentlich schon gelaufen, und dann kam Baysa und damit alles ganz anders!

Atsede Baysa
Siegerin Atsede Baysa düpierte das favorisierte Führungsduett mit einem späten Angriff


Die 29-jährige Baysa lief den Abschnitt von 35 auf 40 Kilometer in verdammt schnellen 16:43 Minuten. Erst in ihrem 27. Marathon lief sie ihrem größten Erfolg entgegen! Mit 2:29:19 Stunden blieb sie zwar weit von ihrer Bestzeit 2:22:03 Stunden entfernt, aber als einzige unter der 2:30 Stundengrenze, Tirfi Tsegaye wurde Zweite in 2:30:03 Stunden und Joyce Chepkirui rettete den dritten Platz auf dem Podium in 2:30:50 Stunden. Die Braunschweigerin Fate Tola lief in 2:34:38 auf den achten Platz. Ihre Bestzeit stammt aus dem Jahre 2012 als sie in Berlin als Fünfte 2:25:14 Stunden erzielte. Erstaunlich, dass die Zeiten in diesem Jahr so langsam waren. Am Wetter kann es nicht gelegen haben und wenn man bedenkt was für ein Potential die Favoritinnen haben, dann wundert es, wieso diese im Finale nicht mehr zulegen konnten. Atsede Baysa mag das nicht kümmern, Boston Sieg ist Boston Sieg, aber ob es für Rio reicht? Da kann Meselech Melkamu, die am Vortag in Hamburg in einer Weltklassezeit gewonnen hat mehr Hoffnung machen!



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Hayle Berhanu Lemi
Auf der Zielgeraden: Berhanu Lemi Hayle hatte die besseren Reserven und feiert in Boston einen Sieg über den Doppelsieger Lelisa Desisa.
Männerrennen - das große Warten auf den Angriff

Als Favoriten starteten u.a. aus Kenia der frühere Sieger Wesley Korir, Wilson Chebet und sein Trainingskollege Sammy Kitwara ein 2:04:28 Läufer und aus Äthiopien der Vorjahressieger und Sieger 2013 Lelisa Desisa (Bestzeit 2:04:45 Stunden) und Yemane Tsegay (Bestzeit 2:04:48 Stunden).  Doch zunächst machte der 2:13 Stunden Japaner Shingo Igarashi Furore, indem er nach drei Kilometern bereits rund 150 Meter vor dem geschlossenen Männerfeld rannte. Fünf Kilometer durchliefen auch die Männer moderat: 15:48 Minuten. Doch um den Flüchtling war es nach etwa sieben Kilometern erwartungsgemäß geschehen. Das Tempo zielte zu diesem Zeitpunkt nur auf 2:11 Stunden. 10 Kilometer in 31:23 Minuten wies auf kine Tempoverschärfung hin. Bei 12 Kilometern griffen die Aussenseiter Solonei Da Silva aus Brasilien und Paul Lonyangata aus Kenia an und rissen das Feld für kurze Zeit auseinander. Doch dann verschleppte das Rennen wieder. Halbmarathon wurde von 18 Läufern in moderaten 1:06:48 Stunden durchlaufen. Das große Abwarten vor der Explosion? Als Nächster machte Cutbert Nyasango aus Zimbabwe ein wenig Druck, doch auch diese Attacke wurde wieder neutralisiert.


Äthiopisches Finale mit Favoritensturz

Endlich machte einer der Stars einen ernsthaften Angriff. Lelisa Desisa ließ es bergab laufen, was schnell Spreu von Weizen trennte. Nur Lemi Birhanu Hayle ein 2:04:33 Stunden Läufer lief mit und das äthiopisches Duo setzte sich ab. Hayle übernahm im welligen Terrain in Newton Hills überwiegend die Führungsarbeit. 30 Kilometer durchliefen die beiden in 1:34:17 Stunden und waren etwas flotter, aber auch nur auf 2:12er Tempo. Ab hier sah Desisa mit Startnummer 1 ausgezeichnet stärker aus, machte die Führungsarbeit, forderte aber Hayle auf die Arbeit zu teilen. Das fiel diesem aber scheinbar schwer, war aber auch nicht abzuschütteln. Ähnlich wie bei den Frauen lief das Duo mit nicht allzu hohem Tempo weiter zusammen, nur das sich hier keine Gefahr von hinter auf beschwor. Die Entscheidung fiel bei Kilometer 40 an einer Wasserstation, wo Desisa sich versorgte, aber Hayle durchlief und die größeren Reserven zu haben schien. Mit einem kräftigen Antritt setzte er sich schlagartig von seinem bekannteren Landsmann ab. Dieser hatte darauf nichts mehr zu erwidern. Wie bei den Damen setzte sich der unbekanntere Äthiopier schon deutlich vor der Zielgeraden in der Boylston Street durch.



Dreifach-Sieg für Äthiopien

Im Ziel war der 21-Jährige erschöpft. In Dubai wurde er noch Zweiter in schnellen 2:04:33 Stunden hinter Tesfaye Abera, der gestern auch in Hamburg siegte, das gab ihm Zuversicht auch in Boston gewinnen zu können, so der Sieger hinterher im Interview. Die Zeit ist mit 2:12:45 Stunden indiskutabel. Auch der Zweite Lelisa Desisa bisher ein klarer Kandidat für die Olympischen Spiele konnte mit seinem Platz und Ergebnis (2:13:32 Stunden) überhaupt nicht zufrieden sein. Dritter wurde mit Tsegay Yemane in 2:14:02 Stunden ebenfalls ein Äthiopier vor dem ersten Kenianer Wesley Korir (2:14:05 Stunden). Schnellster Deutscher wurde der M40 Läufer Daniel Vasovic auf Gesamtrang 810 in netto 2:54:18 Stunden. Der Kurs in Boston ist eben verführerisch und tückisch. Er begann mit 1:22:59 Stunden wie die meisten viel zu flott. Bei den Damen vertrat Silvia Baage als 279. Platzierte bei den Frauen die deutschen Farben am flottesten. Sie benötigte 3:11:11 Stunden (netto).


Ergebnisse:
Männer:

1. Hayle, Lemi Berhanu (ETH) 02:12:45
2. Desisa, Lelisa (ETH) 02:13:32
3. Tsegay, Yemane Adhane (ETH) 02:14:02
4. Korir, Wesley (KEN) 02:14:05
5. Lonyangata, Paul (KEN) 02:15:45
6. Kitwara, Sammy (KEN) 02:16:43
7. Chebogut, Stephen (KEN) 02:16:52
8. Nageeye, Abdi (NED) 02:18:05
9. Feleke, Getu (ETH) 02:18:46
10. Hine, Zachary (USA) 02:21:37
11. Nyasango, Cutbert (ZIM) 02:22:02
12. Mekonnen, Tsegaye (ETH) 02:22:21
13. Burrell, Ian (USA) 02:22:22
14. Kiprop, Jackson (UGA) 02:24:44
15. Okuti, Harbert (UGA) 02:24:46
16. Da Silva, Solonei (BRA) 02:24:54
17. Wells, Clint (USA) 02:24:55
18. Kamijo, Norio (JPN) 02:25:31
19. Igarashi, Shingo (JPN) 02:26:24
20. Kipyego, Michael (KEN) 02:27:02


Frauen:

1. Baysa, Atsede (ETH) 02:29:19
2. Tsegaye, Tirfi (ETH) 02:30:03
3. Chepkirui, Joyce (KEN) 02:30:50
4. Prokopcuka, Jelena (LAT) 02:32:28
5. Kipketer, Valentine (KEN) 02:33:13
6. Daniel, Fiomena Cheyech (KEN) 02:33:40
7. Deba, Buzunesh (ETH) 02:33:56
8. Tola, Fate (ETH) 02:34:38
9. Spence Gracey, Neely (USA) 02:35:00
10. Daska, Mamitu (ETH) 02:37:31
11. Crouch, Sarah (USA) 02:37:36
12. Shimokado, Miharu (JPN) 02:39:21
13. Beriso, Amane (ETH) 02:39:38
14. Gelana, Tiki (ETH) 02:42:38
15. Bekele, Tadelech (ETH) 02:44:20



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